„Guck halt mal hin!“

Wuppertal

Heute schau ich auf die Stadt herab und finde die Bestätigung, durch Armut, Schmutz und Lärm. Morgen blick ich von den grünen Höhen ins Tal und spüre hunderttausende Leben. Auf Türme klettern muss ich hier nicht, um den Überblick zu haben. Der Horizont ist wahlweise weit oder nah oder direkt hinter der Stirn. Wuppertal - Guck halt mal hin!

Toleranz oder Ignoranz?

Ein Multimedia-Projekt in drei Kapiteln: Klang der Stadt, Spannungsfelder und Zusammenleben

Botschaften, Symbole und Signale der Ab- und Ausgrenzung, Anfeindung und Diskriminierung in Wuppertals öffentlichem Raum aufzuspüren - das war Hauptaugenmerk bei Projektstart im Frühjahr 2023. Schon recht bald nach Beginn der Spurensuche zeigten sich jedoch zwei Phänomene: 1. Ebenso wie die Wuppertaler:innen und potentiellen Interviewpartner:innen wurden auch die Projektleiter Christoph Schönbach und Jörg Degenkolb-Degerli immer wieder vom Weltgeschehen eingeholt. Während weiter der Krieg in der Ukraine tobte, Klimaaktivismus radikaler und das Erstarken rechtsextremer Politik spürbar wurde, während der Ruf nach einem Einwanderungs-Stopp lauter und Israel vom Terror heimgesucht wurde, fiel es Fragenden und Befragten zusehends schwerer, sich mit gesprayten Beleidigungen oder zugeparkten Bürgersteigen zu befassen. 2. Vor eben diesem Hintergrund des Weltgeschehens, das sich in Wuppertal ja nur in stark reduzierter Form abbildet - seien es Klimaaktivist:innen oder pro-palästinensische Demonstrant:innen -, zeigten sich die Wuppertaler:innen überwiegend sehr gelassen, nach der Devise „Ach, hier kriegen wir das doch schon alles ganz gut hin“.

Wie uneindeutig ist Wuppertal?
Ein Plan B musste her

Diese Gelassenheit zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Projektarbeit, woraufhin sich den Projektleitern die Frage stellte: Sind die Wuppertaler:innen eigentlich wirklich toleranter als andere? Oder sind sie am Ende vielleicht schlicht ignorant? Um das ganze Thema viel weiter zu öffnen, musste auch die weitere Fragestellung neu formuliert werden: Lässt Wuppertal dem Einzelnen einfach genug Raum zur individuellen Entfaltung? Ist Wuppertal völlig uneindeutig, nicht Fleisch, nicht Fisch? Welche Entwicklung ist zu erkennen und wie zu bewerten? Wie schafft es die Wuppertaler Stadtgesellschaft eigentlich, seit Jahrzehnten zig Nationalitäten, kulturelle und soziale Unterschiede unter einen Hut zu bringen? Oder schafft sie das gar nicht? Oder nicht mehr? Der Kern von „Guck halt mal hin!“ bleibt dabei der selbe: Wo passiert Ab- und Ausgrenzung, Anfeindung und Diskriminierung? Oder eben gerade nicht …

Inhaltsübersicht

Kapitel 1

Interview Marcel Gabriel-Simon
HipHop im Haus der Jugend Elberfeld
Women of Wuppertal
Gespräch in Udos Hauskneipe

Im 1. Kapitel „Klang der Stadt“ sind natürlich Stadtklänge zu hören. Der Kommunalpolitiker von Bündnis90/Die Grünen, Marcel Gabriel-Simon, äußert seine Eindrücke, außerdem steuern zwei junge Rapper Musik und Meinungen bei. Ein Autor ist zu hören und eine Sängerin spricht über den Chor „Women of Wuppertal“; außerdem gibt es einen Video-Talk zwischen den Projektleitern, dem Musiker Constantine und seinem Kumpel Udo in dessen Hauskneipe.

Kapitel 2

Unsichtbar e.V.
Unsichtbar e.V. – Nachtfahrt
Interview Marcel Gabriel-Simon

Im 2. Kapitel „Spannungsfelder“ sind sowohl ein Interview mit dem Begründer des Unsichtbar e. V. als auch der Mitschnitt einer Nachtfahrt mit eben diesem Verein, der sich um Obdachlose kümmert, zu hören. Neben einer Stellungnahme der Polizei zu den „Guck halt mal hin“-Themen ist ein weiteres Mal der Kommunalpolitiker von Bündnis90/Die Grünen, Marcel Gabriel-Simon, mit seiner Meinung vertreten.

Kapitel 3

Interview Suzan Öcal
Interview Helge Lindh
Interview Marcel Gabriel-Simon

Im 3. Kapitel „Zusammenleben“ schließlich steuert Suzan Öcal, Beauftragte: Rassismus, Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus, Ressort Zuwanderung & Integration Wuppertal, ihre Einschätzungen bei. In einem ausführlichem Video-Interview unterhält Jörg Degenkolb-Degerli sich mit Helge Lindh, MdB. Mit einer ergänzenden Stellungnahme der Polizei, einem dritten Beitrag des Kommunalpolitikers von Bündnis90/Die Grünen, Marcel Gabriel-Simon und einer Straßenumfrage wird GHMH an dieser Stelle abgerundet.

Die gesamte Projektwebsite ist mit Fotos und Texten der Projektleiter angereichert.

1. Kapitel – Klang der Stadt

Wuppertal

Klänge der Stadt I.

Marcel Gabriel-Simon

Vielfältig in der Stadt unterwegs sein, in Sachen Politik, Gesellschaft, Kirche und Kultur, das trifft auf ihn zu: Marcel Gabriel-Simon. Der Wuppertaler Kommunalpolitiker von Bündnis 90/Die Grünen ist vielseitig interessiert und engagiert und hat zu kleinen wie großen Themen eine Meinung. Im Gespräch changiert er mit seinen Aussagen zwischen dem Politiker, Bürger und Privatmenschen.

Marcel Gabriel-Simon

Marcel Gabriel-Simon, Kommunalpolitiker und Bürger der Stadt

Marcel Gabriel-Simon - Klang der Stadt

Das Audio bei soundcloud hören.

TikTok plärrt. YouTube röhrt. Teenager kreischen. Videochats rascheln. Schnarrender Handysound. Gutturale Laute. Man sieht dir an, dass du dich schlecht fühlst. ÖPNV. Testosteronschwerer Jungenssprech. Mantraartiger Jugendsprech. Ein trotziges Kind. Sehr laute Stimmen. Sehr viele Sprachen. TikTok plärrt. YouTube röhrt. Teenager kreischen. Videochats rascheln. Schnarrender Handysound. Gutturale Laute. Man sieht dir an, dass du dich schlecht fühlst. ÖPNV. Sehr viele Sprachen. TikTok plärrt. YouTube röhrt. Testosteronschwerer Jungenssprech. Mantraartiger Jugendsprech. Ein trotziges Kind. Gutturale Laute. Man sieht dir an, dass du dich schlecht fühlst. TikTok. Teenager. Handysound. Videochats. YouTube. Laute. Stimmen. Sprachen. ÖPNV: Ein trotziges Kind. Sehr laute Stimmen. Sehr viele Sprachen. Schnarrender Handysound. Gutturale Laute. Testosteronschwerer Jungenssprech. Mantraartiger Jugendsprech. Man sieht dir TikTok, YouTube und Stimmen an. Teenager kreischen. Videochats rascheln. Schnarrender Handysound. Gutturale Laute. ÖPNV. Plärren. Röhren. Kreischen. Rascheln. Schnarren. Laut. Viel. Schlecht fühlen. Ein trotziges Kind sehr laute Stimmen sehr viele Sprachen gutturale Laute testosteronschwerer Jungenssprech mantraartiger Jugendsprech Teenager kreischen Videochats rascheln schnarrender Handysound TikTok plärrt YouTube röhrt. Öpnvmansiehtdirandassdudichschlechtfühlsttiktokplärrtyoutuberöhrtteenagerkreischenvideochatsraschelnschnarrenderhandysoundgutturalelautetestosteronschwererjungenssprechmantraartigerjugendsprecheintrotzigeskindöpnvmansiehtdirandassdudichschlechtfühlsttiktokplärrtyoutuberöhrtteenagerkreischenvideochatsrascheln schnarrenderhandysoundgutturalelautetestosteronschwererjungenssprechmantraartigerjugendsprecheintrotzigeskindöpnvmansiehtdirandassdudichschlechtfühlsttiktokplärrtyoutuberöhrtteenagerkreischenvideochatsraschelnschnarrenderhandysoundgutturalelautetestosteronschwererjungenssprechmantraartigerjugendsprecheintrotzigeskindöpnvmansiehtdirandassdudichschlechtfühlsttiktokplärrtyoutuberöhrtteenagerkreischenvideochatsraschelnschnarrenderhandysoundgutturalelautetestosteronschwererjungenssprechmantraartigerjugendsprecheintrotzigeskind Du hast deine Kopfhörer vergessen. Man sieht dir an, dass du dich schlecht fühlst.

Haus der Jugend - HipHop Aufnahmen

HipHop im Haus der Jugend Elberfeld

Rayan und Elwin

Sie sind zwei von einigen Jugendlichen, die regelmäßig das Angebot im Haus der Jugend Elberfeld nutzen. Auf der mittleren Ebene des Jugendhauses an der Bergstraße kann man dienstags und donnerstags professionelle Aufnahmen in einem Tonstudio machen. Rayan und Elwin schreiben eigene Raptexte und nehmen sie hier als Tracks auf. In einer Pause hat Jörg Degenkolb-Degerli sich mit ihnen unterhalten.

HipHop im Haus der Jugend Elberfeld

Das Audio bei soundcloud hören.

Haus der Jugend - HipHop Aufnahmen
Haus der Jugend - HipHop Aufnahmen
Haus der Jugend - HipHop Aufnahmen
Haus der Jugend - HipHop Aufnahmen
Haus der Jugend - HipHop Aufnahmen

Dreckige alte Stadt



Ein befreundeter Autor hatte bei der Projektleitung noch einen gut. „Dafür krieg ich bei euch einen Cameo-Auftritt“, lautete der Deal. Ein kurzes Auftreten ohne Namensnennung also - Kenner:innen der Wuppertaler Literaturszene dürften aber sofort wissen, wer hier spricht.

„Diese Stadt klingt in 100 Sprachen“

Iris Panknin

Die Stimmen der Stadt

WoW - Women of Wuppertal

WoW - Women of Wuppertal bei einem Auftritt in der Basilika St. Laurentius

WoW - Women of Wuppertal
WoW - Women of Wuppertal
WoW - Women of Wuppertal

Iris Panknin

Seit über 30 Jahren ist sie musikalisch in Wuppertal aktiv: Iris Panknin. Den größten Bekanntheitsgrad erlangte sie in dieser Zeit sicher als Sängerin. Seit vielen Jahren ist sie immer häufiger auch als Veranstalterin aktiv. Was genau sie musikalisch und klanglich mit ihrer Wahlheimat Wuppertal verbindet und was sie mit dem WoW-Chor Women of Wuppertal zu tun hat, erzählt sie in einem kurzen Interview.

Die Stimmen der Stadt – Iris Panknin

Das Audio bei soundcloud hören.

Udo F.

Über die großen Themen des Weltgeschehens mit ihm zu reden, ist nicht so ganz einfach. Udo F. Ist ein prägnantes Beispiel für den Rückzug ins Private. Krisen und Konflikte schließt er gerne vor der Wohnungstür aus; sein Rückzug reicht bis hin zu einer selbst erbauten Hauskneipe, in der es ihm - so scheint’s - an nichts mangelt. Er sprach mit den Projektleitern über „die gute alte Zeit“ in Wuppertal.

Udo's Hauskneipe

„Das Rauschen der Autobahnen verfolgt mich in der ganzen Stadt“

Christoph Schönbach

Klänge der Stadt II.

2. Kapitel – Spannungsfelder

Wupperpark

Der Wupperpark Ost: Ruhe- oder Problemzone?

Treppen
Treppen
Treppen

So ist das in den Städten, überall auf der Welt. Die Leute rauschen vorüber, manche tatsächlich mit einem Ziel vor Augen. Andere wollen bloß schnell an dir vorbei kommen; sie peilen konzentriert einen Punkt am Horizont an und zischen dann wie im Skilift durch dein Blickfeld. Es gibt die Ängstlichen, mit dem größtmöglichen Abstand; die Flüchtigen, die durch dich hindurch schauen; die Hilflosen, die sich für dich fremdschämen; die Aggressiven, die es dir irgendwann mal zeigen wollen; dann sind da die Kinder, von denen dich manche gerne trösten würden; die Grenzgänger, die wissen, dass es nur ein kleiner Schritt ist; und es gibt die Mitleidigen, die manchmal lächelnd, meist aber verstohlen eine Münze in deinen Becher werfen; nicht zuletzt die Verachtenden, die all ihre Abscheu im Gesicht vor sich hertragen. Irgendwo dazwischen triffst du immer mal wieder Suchende. Sie wollen dich was fragen, mit dir reden, dir was erklären. Sie wecken meist laut die Erinnerung an ein Leben davor und hinterlassen in deinem Mund einen metallischen Geschmack. Morgens findet all das paradeartig statt, tagsüber kann es überraschender sein. Hundehalter, Neugierige, Checker, Ticker, Touristen - tagsüber ist manchmal einiges los, dann nutzen viele die Gunst der Sichtbarkeit, die Sicherheit vortäuscht. Dann wirst du gegrüßt von denen, die dich kennen und von allen anderen auch. Einige siehst du später vor den Cafés sitzen, ein milchiges Getränk im Glas und ein mildes Lächeln im Gesicht. Am wenigsten können aber die Abende. Abends trennt sich die Spreu vom Weizen. Die Bögen um dich rum werden weiter, die Münzen seltener, dafür größer. Abends musst du wacher sein, wegen der Vibrationen in der Luft. Bevor es sehr leise wird, wird es erst einmal richtig laut. Viel Rufen und Geschrei, viel Lachen und Gekreische, viel Geräusch und viel Gebrüll. Quer durch alle Klassen und Schichten sind sie laut und neben sich und manchmal penetrant. So wie du früher sitzen sie tagsüber in Schulen nebeneinander, hocken vor Monitoren oder laufen Gänge entlang. So wie du früher erfahren sie die anderen, riechen sie, beobachten sie, berühren sie. Und immer gehen alle los, probieren rum, probieren aus, biegen links ab, rechts ab, müssen zurück zum Start und sich entscheiden für ein Leben.

Treppen
Treppen
Treppen

Obdachlosigkeit in Wuppertal

Obdachlosigkeit in Wuppertal

Oli

Unsichtbar e.V.

Das Thema Obdachlosigkeit stand von Anfang an auf dem GHMH-Zettel. Das Projekt wollte auf die sogenannten SleepStop-Bänke aufmerksam machen; also Bänke im öffentlichen Raum, die mit Metallspitzen versehen sind, damit Obdachlose dort nicht liegen oder schlafen können. „Obdachlose würden dort eh nicht schlafen, weil die Bänke an viel zu ungeschützten Orten stehen“, meint dazu Holger Brandenburg, Gründer und Vorsitzender des Unsichtbar e. V. in Gevelsberg. Seit 2015 kümmert der Verein sich um Obdachlose im Ennepe-Ruhr-Kreis, in Hagen und Wuppertal. Und da sich Obdachlosigkeit vor allem auch nachts abbildet, ist das Unsichtbar-Team genau dann aktiv und bringt Schlafsäcke, Isomatten, warme Getränke, Terrinen und vieles mehr zu den Bedürftigen. Da man das Vereinsmotto „Schau nicht weg!“ und den Projekttitel „Guck halt mal hin!“ in einem Atemzug nennen kann, war es naheliegend, Kontakt zu „Unsichtbar“ aufzunehmen.

Am Stützpunkt in Gevelsberg haben die Projektleiter Holger Brandenburg getroffen und interviewt. Am Ende stand das Angebot, einmal mit ihm in die Nacht hinauszufahren und die Treffen mit den Obdachlosen fotografisch und mit dem Aufnahmegerät zu begleiten - natürlich immer nur nach Einwilligung der Betroffenen. In einer Nacht von Montag auf Dienstag waren Christoph Schönbach und Jörg Degenkolb-Degerli dann mit Holger und seiner Begleiterin Sina in Wuppertal unterwegs. Da „Unsichtbar“ nicht an festen Tagen und zu bestimmten Zeiten bestimmte Orte anfährt, ist im Vorfeld nie so ganz klar, ob man jemanden antrifft. Sie haben auf ihrer Runde zwischen 22:00 Uhr und 1:00 Uhr an den unterschiedlichsten Orten fünf Männer angetroffen, die von Holger und Sina mit Kaffee, Tee, Wasser und Säften, mit Keksen und Terrinen, mit Socken, Unterwäsche und Hygieneartikeln, und nicht zuletzt mit Gesprächen und Zuhören versorgt worden sind.

Nachtfahrt – Unsichtbar e.V.

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Unsichtbar e.V.
Unsichtbar e.V.
Unsichtbar e.V.
Unsichtbar e.V.
Unsichtbar e.V.
Unsichtbar e.V.
Essen für Obdachlose in der Nacht

Basics gegen den Hunger

Interview – Unsichtbar e.V.

Das Audio bei soundcloud hören.

Unsichtbar e.V.

Sogar für Geburtstagskinder hat Unsichtbar etwas dabei

Anfrage an die Wuppertaler Polizei

Interessiert waren die Projektleiter auch daran, zu erfahren, wo und wie sich denn eigentlich die Wuppertaler Polizei positioniert. Ein übersichtlicher Fragenkatalog zur Vorbereitung, verbunden mit der Bitte um ein Interview, ging per Mail an die Pressestelle. Gefragt wurde z. B. „Wie lässt sich die aktuelle Sicherheitslage in und für Wuppertal beschreiben?“, oder auch „Wer bekommt eigentlich wann Polizeischutz und wie viele derart beschützte Menschen gibt es in Wuppertal?“

Der Leiter der Pressestelle und Erster Polizeihauptkommissar Alexander Kresta teilte mit: „Nach Prüfung bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Teilnahme der Polizei Wuppertal in der von Ihnen gewünschten Form (Interview) nicht in Betracht kommt. Dennoch beantworte ich gerne Ihre Fragen im Rahmen einer kurzen Stellungnahme.

[…] Die Sicherheitslage lässt sich anhand der Polizeilichen Kriminalstatistik darstellen. Die Fallzahlen der Gesamtkriminalität im Präsidialbereich lagen im Jahr 2022 bei 51.026 Fällen und damit 14,1 % über den Zahlen des Vorjahres. Diese Steigerung liegt im Landestrend und ist damit verglichen nur geringfügig höher. Zu beachten ist, dass die Fallzahlen in den Vorjahren vermutlich aufgrund der Corona-Pandemie stark gesunken waren. Auf unserer Internetseite finden Sie die Kriminalstatistiken (ab 2017) und Verkehrsunfallstatistiken (ab 2007) für die Kreispolizeibehörde Wuppertal zum Download (https://wuppertal.polizei.nrw/). Die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang Schutzmaßnahmen angeordnet werden, erfolgt auf der Grundlage jeweiliger Beurteilungen der Gefährdungslage. […]

christlicher Stand Einkaufsstrasse

Ein Moment der Irritation

Marcel Gabriel-Simon

Vielfältig in der Stadt unterwegs sein, in Sachen Politik, Gesellschaft, Kirche und Kultur, das trifft auf ihn zu: Marcel Gabriel-Simon. Der Wuppertaler Kommunalpolitiker von Bündnis 90/Die Grünen ist vielseitig interessiert und engagiert und hat zu kleinen wie großen Themen eine Meinung. Im Gespräch changiert er mit seinen Aussagen zwischen dem Politiker, Bürger und Privatmenschen.

Marcel Gabriel-Simon - Spannungsfelder

Das Audio bei soundcloud hören.

Falschparker

Das Thema Verkehr stand bei GHMH auch auf der Liste: Es geht halt immer irgendwie

Ich biege an einem Mauerknick nach rechts ab, gehe einige Schritte, biege nach links ab, um nach wiederum einigen Schritten um 180 Grad rechts rum die Treppen runter zum Bahnhofsvorplatz zu nehmen. DAS ist also Wuppertal!? Und ich bin jetzt anscheinend direkt vom Bahnsteig oben rum in Richtung City gegangen. Aber vom Bahnhof wollen die bestimmt was sehen. Auf Insta wollen immer alle die Bahnhöfe von innen sehen. Dabei sind zumindest die Hauptbahnhöfe doch irgendwie alle gleich. Ich geh mal da vorne wieder rein und schau mich um. Treffer! Ein Klavier. Und ein junger Mann spielt eine Schnulze. Na, das geht doch immer. Vor der Abreise werde ich noch hier in der Halle was aufnehmen, die kann was. Und draußen? In einem Beitrag meinte jemand „Geht am besten nur bis zur Schwebebahn, dahinter bekommt ihr schlechte Laune“. Also, hier rechts dieser Konsumkessel kann sich jedenfalls sehen lassen. Ein echtes Großstadtversprechen. Die Bebauung sieht zwar insgesamt so aus, als hätte jeder mal ran gedurft, aber der große, offene Platz ist megaeinladend. Da hinten sieht man schon die Schwebebahn, okay, und da rechts muss irgendwo der Eingang zu einem neuen Club sein, der bald eröffnet. In einem ehemaligen Bunker. Ob zum „kriegstüchtig werden“ auch gehört, dass man all diese umgenutzten Bunker wieder zurückbauen muss? Soll ich das Fass in einem Reel aufmachen? Besser nicht, das fliegt mir bestimmt um die Ohren wie Drohnen in Charkiw. Über die Partypeople werd ich was machen, wenn es hier so weit ist. Dann komm ich wieder in die Stadt. Jetzt aber erstmal eine Runde schweben, in zwei Stunden muss ich posten. Und hinter dieser Brücke über die Wupper? Oh, ich seh schon, die drehen die Innenstadt auf links. Soll ich das Fass -? Nein! Was?? Ob ich etwas Geld für was zu Essen und zu Trinken habe? Nee, gerad’ echt nicht. Halt deinen Becher mal jemand anderem unter die Nase.

Treppen
Treppen
Treppen

3. Kapitel – Zusammenleben

Döppersberg

Helge Lindh

Helge Lindh: Seit 1999 Mitglied der SPD; 2010 und 2011 stellvertretender Vorsitzender der Jusos Wuppertal; seit 2012 Beauftragter Politische Bildung im Vorstand SPD Wuppertal, Wiederwahl 2014, Wiederwahl 2016; Vorsitzender PG Migration, seit 2015 AG Migration und Vielfalt Wuppertal (Gründung und Vorsitz); seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. Neben alldem tanzt er in Wuppertal auf unzähligen Hochzeiten. Und auch GHMH ist es gelungen, einen Termin mit ihm zu bekommen.

„Das Prinzip Wuppertal“

Helge Lindh

Helge Lindh – Zwischen Berlin und Wuppertal

Anfrage an die Wuppertaler Polizei

Interessiert waren die Projektleiter auch daran, zu erfahren, wo und wie sich denn eigentlich die Wuppertaler Polizei positioniert. Ein übersichtlicher Fragenkatalog zur Vorbereitung, verbunden mit der Bitte um ein Interview, ging per Mail an die Pressestelle. Gefragt wurde z. B. „Wie funktioniert aktuell das Zusammenleben in Wuppertal aus Sicht der Sicherheitsbehörden?“, oder auch „Politische Demonstrationen, Klimaaktivismus, Kundgebungen - Wie schwierig ist eigentlich der professionelle Umgang damit als Polizei?“

Der Leiter der Pressestelle und Erster Polizeihauptkommissar Alexander Kresta teilte mit: „Nach Prüfung bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Teilnahme der Polizei Wuppertal in der von Ihnen gewünschten Form (Interview) nicht in Betracht kommt. Dennoch beantworte ich gerne Ihre Fragen im Rahmen einer kurzen Stellungnahme.

Der Projektinhalt und -umfang ist umfangreich definiert. Es werden diverse (stadt-)gesellschaftliche Bereiche tangiert, womit der Bezugsrahmen sehr weit gefasst ist. Selbstverständlich ist in dem Zusammenhang auch die Polizei ein gesellschaftlicher Akteur. Die Polizei leistet als wesentlicher Garant für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung auf der Grundlage des Grundgesetzes einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Da sich die Gesellschaft dynamisch fortentwickelt, unterliegt auch die Polizei einem ständigem Anpassungsprozess. Diese Anpassungen beziehen sich jedoch vorrangig auf neue Erscheinungsformen von Kriminalität. Insoweit bewertet die Polizei nicht die gesellschaftliche Integration oder das Zusammenleben, sondern reagiert auf Entwicklungen. Dies vollzieht sich im Rahmen organisatorischer Anpassungen und Fortbildungen der Polizeibeamtinnen und -beamten. […]

City Wuppertal

Ein Kessel ...

Viertausend Tage hab ich bei euch verbracht. Meine Übelkeit hab ich besiegt, um mit eurer geliebten Bahn fahren zu können. An Führungen habe ich teilgenommen, kenne jetzt Denkmäler, Schleichwege und Museumsschätze. Ich habe das Heimatlied gelernt und am Rosensonntag Wuppdika mit euch gerufen. Als ihr in Bars und Cafés gesessen habt, lief ich durch die Parkanlagen. Im Club an der Ecke, da ließ man mich nicht rein. Auf dem Platz im Zentrum, da nahm mich niemand wahr. Und bei den Ämtern, da blieb ich eine Nummer. Tausend Tage habe ich damals gezählt und war noch immer nicht angekommen. Ich habe an euren Gottesdiensten teilgenommen, an Gemeindefesten aller Religionen. Ich habe in Vereinen geholfen, bei Veranstaltungen und an Heiligabend in der Stadthalle. Im Bus bin ich für euch aufgestanden, an Türen ließ ich euch den Vortritt. Bei Eis und Schnee hab ich eure Autos angeschoben, in der Sommerhitze die Bäume am Gehweg gegossen. Laub gefegt, Salz gestreut, das Treppenhaus geputzt. Ich habe immer alles sauber gehalten, aber ihr wolltet es nicht sehen. Zweitausend Tage habe ich damals gezählt und war noch immer nicht angekommen. Wenn man über eure Landstraßen fährt, sich über die hügelige Landschaft eurer Stadt nähert, wächst schnell die Neugier auf alles, was einem da zu Füßen liegt. Ich hab mir Broschüren im Rathaus geholt, hab mich in der VHS informiert und mir einen Bibliotheksausweis besorgt. Vorträge, Konzerte und Podiumsdiskussionen habe ich besucht. An Kursen, Workshops und Werkstätten habe ich teilgenommen. Ich kenne die hintersten Winkel in eurer Stadt, bin da gelaufen, wo keiner von euch war. Ich hab beim Bäcker immer freundlich gegrüßt, aber ihr wolltet es nicht hören. Dreitausend Tage habe ich damals gezählt und war noch immer nicht angekommen. Einkaufswagen hab ich zusammengeschoben, an der Trasse habe ich mitgebaut. Ich hab eure Post zugestellt und Straßen gekehrt, Mall-Toiletten gereinigt und Pizza geliefert. Wir haben Blicke getauscht, aber ihr wolltet es nicht fühlen. Türen hab ich aufgehalten und Koffer geschleppt. Spritzen auf Spielplätzen hab ich entsorgt, euren Großeltern schwere Einkäufe gebracht. Hundekot von euren Wegen geräumt, Erbrochenes und Kippen aus Fugen gekratzt. Keiner von euch ließ sich je finden. Viertausend Tage hab ich gezählt. Jetzt ist es Zeit zu gehen.

Laurentiusplatz

Am Rande der Gesellschaft

Marcel Gabriel-Simon

Vielfältig in der Stadt unterwegs sein, in Sachen Politik, Gesellschaft, Kirche und Kultur, das trifft auf ihn zu: Marcel Gabriel-Simon. Der Wuppertaler Kommunalpolitiker von Bündnis 90/Die Grünen ist vielseitig interessiert und engagiert und hat zu kleinen wie großen Themen eine Meinung. Im Gespräch changiert er mit seinen Aussagen zwischen dem Politiker, Bürger und Privatmenschen.

Marcel Gabriel-Simon - Zusammenleben

Das Audio bei soundcloud hören.

Fünf Fragen an:

Suzan Öcal, Beauftragte: Rassismus, Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus, Ressort Zuwanderung & Integration Wuppertal

1. Erstmal unabhängig von Deinem Geschäftsbereich - wie beurteilst Du generell das Zusammenleben in Wuppertal?

In Wuppertal leben Menschen unterschiedlicher Herkunft und Haltung. Wuppertaler*innen leben schon immer hier oder sind erst später hierher gekommen und leben in den Stadtteilen mit- und nebeneinander. Mehr als ein Drittel der Stadtbevölkerung hat eine internationale Geschichte. Aus meiner Sicht funktioniert das Zusammenleben in der Stadt gut. Bedeutend ist tatsächlich das Zugehörigkeitsgefühl und der Zusammenhalt in Nachbarschaften – gestärkt durch persönliche Begegnungen bzw. Beziehungen. Schwieriger wird es beispielsweise durch Kontaktbeschränkungen wie während der Pandemie.

2. In Wuppertal leben Menschen aus etwas über 100 Nationen, mit unterschiedlichem religiösen, kulturellen und sprachlichen Background. Gefühlt funktioniert das ziemlich gut. Kannst Du das bestätigen? Und wenn ja, warum ist das so?

Das Miteinander funktioniert immer dann gut, wenn es gemeinsame Interessen, Aktivitäten oder Einstellungen gibt. Wenn Eltern sich gemeinsam für ihre Kinder bei der Gestaltung von Spielplätzen oder Bewegungsmöglichkeiten vor Ort einsetzen, entsteht ein Gemeinschaftsgefühl, man lernt sich besser kennen. Der andere Background, das vermeintlich Fremde ist dann sekundär. Denn wenn man sich kennt, haben Vorbehalte kaum Bedeutung. Wir brauchen den Austausch mit anderen Menschen.

3. Deine Klientel betreffend - wo erfährt diese Diskriminierung im öffentlichen Raum?

Um die Frage zu beantworten, müsste man den Begriff des öffentlichen Raums genauer definieren. Wenn der öffentliche Raum immer außerhalb der eigenen Wohnung beginnt, erleben Menschen mit internationaler Geschichte überall Ausgrenzungserfahrungen. Rassismus findet in Schule, Krankenhäusern und auf der Straße statt. Wuppertaler*innen mit einem anderen Background erzählen von regelmäßigen Kontrollen in Bus und Bahn oder bei Fahrzeugkontrollen im Straßenverkehr. Es findet Ungleichbehandlung beim Einlass in Clubs statt, Wohnungen sind plötzlich verkauft oder vermietet, die Stelle wird anderweitig vergeben. Das macht was mit Menschen. Diskriminierung wirkt sich auf Betroffene nachhaltig aus und erschwert dann natürlich auch das gesellschaftliche Miteinander. Seit ich als Antirassismusbeauftragte im Ressort Zuwanderung und Integration arbeite, wenden sich immer mehr sowohl persönlich Betroffene als auch Menschen, die Ausgrenzung beobachten, an mich. Oft kann man eine gemeinsame Lösung mit allen Betroffenen finden – insofern alle gesprächsbereit sind. Aktiv zu werden ist sehr wichtig, um Ungleichbehandlung zu verarbeiten und sich für seine eigenen Bedürfnisse und Rechte einzusetzen.

4. Wie ist die Stadt Wuppertal im Bereich Zuwanderung und Integration gegen Diskriminierung aufgestellt?

Wir sind als Ressort in allen Bereichen von Migration und Integration tätig. Menschen, die neu in Wuppertal ankommen, werden in allen Belangen beraten und bei Bedarf begleitet: Vom Sprachkurs, über die Unterbringung, bei der schulischen Beratung, der Vermittlung in Arbeit und auch bezüglich entsprechender aufenthaltsrechtlicher Rahmenbedingungen. Wir arbeiten daran, Menschen mit internationaler Geschichte den Zugang zur Wuppertaler Stadtgesellschaft zu ermöglichen. In unseren Angeboten rund um den Schwerpunkt Antirassismus geht es darum, Wuppertaler*innen mit und ohne einem anderen Background für Ausgrenzung und Ungleichbehandlung zu sensibilisieren, sie zu stärken – zu empowern, um sich für sich und andere einzusetzen und gemeinsam das Zusammenleben zu gestalten. Wir bieten Beratung bei rassistischer Diskriminierung, Sensibilisierungsworkshops für Lehrer*innen, Krankenhauspersonal und ganze Organisationen an. In unterschiedlichsten Formaten sprechen wir öffentlich zum Thema Rassismus, um ein breiteres Bewusstsein zu schaffen und bieten Raum für Austausch. So waren beispielsweise Mehmet Daimagüler, der Bundesbeauftragte gegen Antiziganismus, und Karim Fereidooni, Bildungsforscher, zu Gast und haben ihre Erkenntnisse vorgestellt. Das Bedürfnis nach Kommunikation ist riesengroß. Oft hört man nach Veranstaltungen „Das war mir gar nicht so bewusst.“ Um dem gerecht zu werden, geben wir seit dem letzten Jahr gemeinsam mit der Initiative für Demokratie und Toleranz e. V. den monatlichen Newsletter „HALTUNG ZEIGEN“ heraus. Der Newsletter bietet neben Terminen und Infos zu Projekten mit dem Schwerpunkt Antirassismus und Demokratieförderung auch die Chance, Initiativen kennenzulernen und sich zu vernetzen. Dabei ist es wichtig mit allen, die in diesem Bereich aktiv sind zu kooperieren, zu unterstützen und gemeinsam ein Bewusstsein für rassistische Ausgrenzung zu schaffen und zugleich diskriminierende Strukturen abzubauen.

5. Was fehlt?

Ich wünsche mir noch mehr Bewusstsein, Austausch und gemeinsame Wirksamkeit für eine diverse Gesellschaft. Das bedeutet natürlich auch kontroverse Debatten und die Einigung auf eine gemeinsame Grundlage. Wir brauchen klarere rechtliche Bedingungen, um rassistischer Diskriminierung zu begegnen. Die unterschiedlichen Stellen, die unterstützen und beraten, sollten sichtbarer werden, so dass sich Betroffene möglichst einfach Hilfe holen können. Wir brauchen noch mehr Partizipationsmöglichkeiten, Anerkennung und alle mit ihren individuellen Potentialen, Ideen und ihrem Engagement. Daher sollten viel mehr Menschen und Organisationen - in ihren Bereichen - diskriminierende Strukturen abbauen und klar Haltung zeigen gegen Rassismus und für Vielfalt. Denn Rassismus geht uns alle an.

Suzan Öcal

Suzan Öcal (Foto: hugo.piccos)

Stimmen aus dem Tal



Und die Menschen da draußen, auf Wuppertals Straßen? Wissen auch, dass Wuppertal so ein bisschen von allem hat. Na klar, hier und da fehlt was, dafür fährt aber die einzigartige Schwebebahn. Wuppertal ist offensichtlich … ja, was?

Schnee

Autoren

Joerg Degenkolb-Degerli

Jörg Degenkolb-Değerli ist seit über 20 Jahren als freier Journalist (Print / Web) und Autor für Print, Web, PR, Bühne und TV tätig. In zahlreichen Workshops, Schreibwerkstätten und Projekten arbeitete er mit Menschen von 6 bis 70 Jahren; u. a. schrieb er am St.-Anna-Gymnasium mit einer 9. Klasse einen Roman. Seit 2020 hat er diverse Audio-Produktionen, u. a. gemeinsam mit Christoph Schönbach, realisiert.

Christoph Schoenbach

Christoph Schönbach ist freiberuflicher Kommunikationsdesigner und beschäftigt sich seit über 25 Jahren intensiv mit der Gestaltung audiovisueller Medien. Neben seiner gestalterischen Arbeit unterrichtet er als Dozent an der Westfälischen Hochschule im Fachbereich Medien-Informatik.

Förderung

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Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ oder des BAFzA dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autorinnen und Autoren die Verantwortung.