Ausgabe 8, März 2013
Die Kita "Pudelmütze" in Elberfeld ist auf Elterninitiative gegründet worden und bekam 2012 einen Zuschuss für sechs neue U3-Betreuungsplätze

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Kita-Ausbau ins Ungewisse
Trotz Rechtsanspruch noch keine Sicherheit

Text und Bild Gregor Elsbeck

Vor allem kleine Kinder unter drei Jahren sind auf einen Platz in einer Kindertagesstätte angewiesen, wenn ihre Eltern bis nachmittags keine Zeit für ihre Betreuung haben. Dies ist immer öfter der Fall, doch die U3-Kita-Plätze waren in den vergangenen Jahren Mangelware. Die Kommunen konnten oder wollten kein Geld für den Ausbau dieser Plätze ausgeben. Nun verpflichtet sie das neue Kinderförderungsgesetz des Bundes genau dazu, denn es verleiht jedem Kind unter drei Jahren ab dem 1. August 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz.

Dieser kann sowohl in einer Tageseinrichtung als auch in der Kindertagespflege in Anspruch genommen werden. Auch wenn beide Möglichkeiten als gleichrangig angesehen werden, wird für Kinder unter drei Jahren meist die Kindertagespflege empfohlen, weil sie mehr Gestaltungsflexibilität und einen familiäreren Charakter aufweist. So gilt es für Städte wie Wuppertal mit der neuen Bundesvorgabe nun, ab Sommer mindestens 35 Prozent aller Kinder unter drei Jahren einen solchen Platz zu garantieren. Die weiterhin benötigten Betreuungsplätze werden von den beiden christlichen Kirchen und anderen Trägern, etwa von Elterninitiativen oder dem Deutschen Roten Kreuz, gestellt. Die Kommune bietet derzeit in 179 Einrichtungen für Kleinkinderbetreuung rund 4400 Plätze an. Das reicht nicht aus, doch die hoch verschuldete Stadt sieht sich außerstande, die vom Bund geforderte Quote aus eigenen Mitteln zu erfüllen. Die Landesregierung schafft Abhilfe und steuert finanzielle Zuschüsse bei. 

Zuschüsse

Schon 2012 gab es vier Millionen Euro für Wuppertal und 2013 folgt noch einmal rund eine Million. Hinzu kommt die Bildungspauschale, die das Land den Kommunen in Nordrhein-Westfalen zugesteht. Bis 2016 fließen so jährlich rund zwei Millionen Euro zusätzlich auf das Konto der Stadt. Mit diesem Geld versucht Wuppertal nun, Programme auf den Weg zu bringen, um möglichst schnell die noch geforderten Betreuungsplätze schaffen zu können. Anfang Februar einigten sich das städtische Gebäudemanagement, der Kämmerer, das Städtebauamt und der Stadtbetrieb Tageseinrichtungen für Kinder auf einen Aktionsplan. Dieser regelt die Neu- und Erweiterungsbauten von Tageseinrichtungen, sowie die Vermarktung von städtischen Grundstücken im Investorenmodell an freie Träger der Jugendhilfe. Die Tagespflege erhält nun mehr Geld.

1.000 neue Plätze

Der Aktionsplan sieht die Schaffung von mehr als 1.000 neuen Betreuungsplätzen vor. Die Arbeitsgruppe hat fünf städtische Grundstücke ausgewählt, auf denen neue Tageseinrichtungen gebaut werden sollen. Sie gehören zu den Einzugsbereichen von Tagesstätten in Elberfeld/Süd, Cronenberg, Heckinghausen und Langerfeld/Mitte-Süd, in denen besonders viele Betreuungsplätze fehlen. Das Gebäudemanagement prüft zudem Neubauten an der Buschstraße, der Kohlstraße und Auf der Höhe. Beschlossen ist bereits eine neue Tageseinrichtung an der Ehrenhainstraße – für 120 Kinder bis zum Schulalter und mit 36 neuen U3-Plätzen. Den Betrieb soll sie im Laufe des Kindergartenjahres 2014/15 aufnehmen. Träger und Investoren von Kindertageseinrichtungen sollen überdies künftig mit der Abgabe einer Mietgarantie, der sog. Patronatserklärung, unterstützt werden. Die Stadt Wuppertal arbeitet also mit Hochdruck an der Erfüllung der Quote, doch ob all diese Maßnahmen dafür ausreichen, kann derzeit niemand verlässlich sagen.

Rechtsanspruch?

Abschließend stellt sich die Frage, was passiert, falls die Stadt ihr Ziel nicht erreichen sollte. Sanktionen vom Land hätte sie nicht zu befürchten, wohl aber eine Klagewelle von Eltern, die ohne Betreuungsplatz dastehen. Sofern beide Eltern eines Kindes unter drei Jahren arbeiten gehen und keine Möglichkeit haben, ihr Kind etwa bei der Oma oder einer Nachbarn abzugeben, können sie ab dem 1. August ihren Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz einklagen. Zusätzlich darf es keinen freien Platz mehr in einer Kita geben, unabhängig davon, ob sie von einem freien oder einem privaten Träger geführt wird. Es wird nicht leicht, all dies nachzuweisen, und bei einer Klage müsste das Gericht jeden Einzelfall genau prüfen. Noch fehlen die Erfahrungswerte, um die Chancen einer Klage einschätzen zu können. Generell gilt aber, dass ein solcher Prozess sehr lange dauern kann, und die klagenden Eltern bei einer Urteilsverkündung möglicherweise gar keinen Kita-Platz mehr für ihr Kind benötigen. Für einen Eilantrag müssten die Erziehungsberechtigten nachweisen, dass es für beide existenziell wichtig ist, arbeiten zu gehen. Rechtsexperten raten gut situierten Eltern folglich eher von einer Klage ab. Wer klagt, kann überdies nicht auf den Zeitraum der Betreuung bestehen. Eltern, die auf eine Ganztagsbetreuung abzielen, können unter Umständen lediglich eine Vormittagsbetreuung zugesprochen bekommen. Die Entfernung vom Wohnort spielt dabei keine Rolle. Der Rechtsanspruch gilt im Übrigen nur für die Zuteilung eines Betreuungsplatzes und nicht für die Schaffung eines solchen. Kann ein Platz zugeteilt werden, spielt es rechtlich keine Rolle, ob dieser sich in einer Kindertagesstätte oder einer Kinderbetreuung befindet. Eine Wahlmöglichkeit für die Eltern besteht laut Gesetz nicht. Kann die Stadt keinen Platz mehr zuteilen,  muss sie einen Schadensersatz zahlen. Die Differenz zwischen den Kosten für einen Betreuungsplatz in einer von der Kommune getragenen, öffentlichen Kita und dem Preis für einen Platz in einer privaten Einrichtung werden den Eltern hierbei erstattet.

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