Ausgabe 19, April 2018

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Die Zukunft der Mobilität in Wuppertal
Fahrrad und mehr öffentliche Verkehrsmittel statt PKW

Ein sehr konkretes Bild auf die Verkehrsentwicklung haben die Mitarbeiter des Wuppertal Instituts beim Blick aus dem Fenster.
Die Großbaustelle Döppersberg liegt direkt vor ihrer Haustür. Foto: Christoph Schönbach

Text Sebastian Schulz

Auch Wuppertal stellt sich den Herausforderungen von Klima-Abkommen, Ressourcen-Knappheit und mangelnder Nachhaltigkeit in der urbanen Mobilität. Konzepte gibt es viele. Doch was ist in Wuppertal sinnvoll und welche Wege wurden bisher beschritten?

Ein Tal, ein Fluss und Hügel im Norden und Süden der Stadt. Wuppertal mit seinen 350.000 Einwohnern war schon immer eine Herausforderung für Stadtplaner. Selbst das Wuppertaler Wahrzeichen, die Schwebebahn, war das Ergebnis von Anpassung an die Stadt, ihre dichte Besiedlung und ihre Talsohlen. Heute ist die Schwebebahn ein wichtiges Verbindungsstück zwischen Ost und West in Wuppertal und ihre Rolle in der künftigen Mobilität in der Stadt könnte auch in den nächsten Jahrzehnten zunehmen.

Das 21. Jahrhundert bringt neue Anforderungen an das Tal und seine Bewohner. Technologischer Wandel, demographischer Wandel, Nachhaltigkeit. Das sind nur drei von vielen Aspekten, die unsere Gesellschaft künftig in mehreren Bereichen des Alltags direkt betreffen werden; und Alltag heißt gerade im urbanen Lebens- und Schaffensraum auch Mobilität zu garantieren. Mobilität wird in Großstädten des 21. Jahrhunderts im Idealfall heißen, dass Autos im traditionellen Sinn keine große Rolle mehr spielen. Für Prof. Dr. Oscar Reutter vom Wuppertal Institut steht fest, dass Personenkraftwagen auch in Wuppertal einen geringeren Stellenwert haben sollten: „Wir wissen im Grundsatz, wie es geht. Man muss Anreize setzen für die umweltschonenden Verkehrsarten. Fußverkehr, Radverkehr, öffentlicher Verkehr, in Wuppertal natürlich die Schwebebahn und die Busse. Anreize und Restriktionen gegen das Auto“. Die ersten Schritte, so erläutert der Diplomingenieur für Raumplanung, wären Tempolimits, Parkraumbewirtschaftung und Zufahrtsbeschränkungen.

Im Juli 2017 gab das Wuppertal Institut ein Leitbild zur Verkehrswende im Stadtteil heraus. Unter dem Titel „Autofreie Innenstadt Wuppertal Elberfeld“ schreiben die Autoren, dass Elberfeld im kommenden Jahrzehnt eine stetige Entwicklung hin zu einem autofreien Stadtteil durchmachen wird.

Oscar Reutter sagt, dass die Wuppertaler mehr Fahrrad fahren. „Im Jahr 2002 wurden 0,9 % der Wege, im Durchschnitt, der Wuppertaler mit dem Fahrrad zurück gelegt. Die zweite Messung im Jahr 2011 hat dann gezeigt, dass der Wert jetzt bei 1,5 % der Wege liegt“, berichtet er. Nicht zuletzt sind diese Zahlen wohl ein Ergebnis der besseren Anbindung Wuppertals an umliegende Fahrrad-Fernwege über die Nordbahntrasse. Laut der Aussage des Diplomingenieurs sei das ein „Rückenwindthema“ und in ganz Deutschland ausbaufähig. In Wuppertal müssten als erstes die Fahrradwege ausgebaut werden. Oscar Reutter weist auch auf eine nötige Anbindung an die Fahrrad-Fernwege im Norden und idealerweise auch im Süden hin. „Und da ist man beim Thema Aufzüge. Es gibt ja in Wuppertal durchaus eine Aufzugkultur und das kann man weiterdenken: Schwebebahn eben nicht nur in der Horizontalen, sondern auch in der Vertikalen ist eine richtige Lösung für die Hügelstadt Wuppertal“.

Das Fahrrad als Hauptverkehrsmittel wäre neu in Wuppertal, entspräche aber einem zeitgemäßen Konzept. Dazu gehören auch bestehende Carsharing Angebote im Tal (14 Stationen in Elberfeld) sowie Ideen zum Ausbau von Umweltspuren für Fahrräder und Taxis in der Innenstadt, vor allem im Bereich der neu eröffneten B7. Dass dieser Ausbau, wie in anderen Städten auch, für Streit und Diskussionen führen wird, liegt für Oscar Reutter auf der Hand: „Preisliche Zugangsbeschränkungen, das ist ein grundsätzlich denkbarer Weg, wie man in Städten wie Oslo, und London sieht. Der aber nicht nur mit Friede-Freude-Eierkuchen abgehen würde, wenn man in Wuppertal sagen würde, hier soll eine City-Maut eingeführt werden“.

Prof. Dr. Oscar Reutter ist seit 2003 zuständig für Wissenschaftsorganisation und Qualitätssicherung am Wuppertal Institut. Foto: Sebastian Schulz

Wuppertal befindet sich wie alle großen Städte in Europa und Deutschland in einer Umbruchphase, die voller Ideen und Konzepte steckt. Dabei gilt es technische Neuerungen und Möglichkeiten von den umsetzbaren Konzepten zu unterscheiden. In aller Munde sind zum Beispiel die Tests für autonomes Fahren beim Autozulieferer DELPHI auf Lichtscheid. Doch dieses Gebiet der Forschung lässt nur teilweise durchblicken, ob eine Anwendung in fünf oder zwanzig Jahren möglich ist. Tatsächlich erweisen sich viele dieser Ideen noch als theoretische Zukunftsmusik, die jedoch schon jetzt erste Hürden nehmen. Auch in den Ausarbeitungen des Wuppertal Instituts heißt es über den Weg zu einem autofreien Stadtteil, dass die ersten zwei Schritte „Debatten“ und erst dann „erlebbare Einstiege“ sind. Städte wie Madrid oder Oslo versuchen sich aktuell darin, Fußgängerzonen nicht nur auf bestimmte Straßen, sondern flächendeckend über ihre Stadtzentren auszudehnen. Aus heutiger Sicht geht es bei der Entwicklung von urbaner, nachhaltiger Mobilität eher um die Umsetzung von neuen Verkehrskonzepten, die Zonen ohne Autos, dafür jedoch mehr Fußgänger, Fahrradfahrer und öffentlichen Nahverkehr vorsehen. Klar ist für die Mobilitätsforscher, dass Projekte wie der Umbau der B7 zu einer reinen Autoverbindungsstraße keine Zukunft haben.

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