Ausgabe 16, Dezember 2015

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„Ich möchte das ganze Potential an Ideen und Kreativität nutzen“


Abstellmöglichkeiten für Fahrräder in Wuppertals einziger Fahrradstraße gibt es, aber an den falschen Stellen und immer noch zu wenige, meine viele Radfahrer. Der neue Oberbürgermeister Andreas Mucke will daran etwas ändern. Das tut Not: Immerhin wird auch dieser neu eingerichtete Fahrradparkplatz in der Elberfelder Luisenstraße von einem Elektroauto „mitbenutzt“.

Interview Daniela Ullrich
Bild Wolf Sondermann

Wuppertal hat nach elf Jahren einen neuen Oberbürgermeister. Andreas Mucke (SPD) hatte die Stichwahl um den Posten im September mit 59,7 Prozent der Stimmen gewonnen. Seit dem 21. Oktober ist der 48-Jährige nun offiziell im Amt. Im Interview mit logisch! kündigt der dreifache Vater einen regelmäßigen Austausch mit den Kirchen an.

Redaktion: Herr Mucke, nach einigen Wochen im Amt: Wie fühlt es sich an, Oberbürgermeister zu sein?

Oberbürgermeister Mucke: Es ist sehr interessant und macht mir viel Freude. Ich komme mit vielen bekannten, aber auch vielen neuen Menschen und Themen in Kontakt. Ich habe Spaß am Amt, und die Aufbruchsstimmung im Tal ist gut. Aber natürlich muss ich mich noch in viele komplexe Aufgaben einarbeiten. Das fordert viel Konzentration.

Redaktion: Gibt es etwas, dass Sie überrascht hat seit Ihrer Amtsübernahme?

Oberbürgermeister Mucke: Eigentlich nicht. Sehr positiv finde ich, wie freundlich und offen ich im Rathaus und auch bei Terminen außerhalb empfangen werde, und wie groß die Bereitschaft vieler ist, sich für die Stadt einzusetzen. Das ist toll und gibt mir viel Rückhalt und Energie für die Aufgaben, die anstehen.

Redaktion: Mit der Entscheidung, den Schreibtisch Ihres Vorgängers zu „entsorgen“, haben Sie ein wenig Staub aufgewirbelt, aber auch ein Zeichen gesetzt. Was wollen Sie als Oberbürgermeister anders machen?

Oberbürgermeister Mucke: Ich habe immer gesagt, dass ich auf ein besonders transparentes, auf Mitwirkung bedachtes Arbeiten auf Augenhöhe großen Wert lege. Ich setze in meiner Arbeit klare Schwerpunkte bei den Themen Bildung und Familie, ich halte Kultur für ein wichtiges Thema und möchte mich stark machen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Der Schreibtisch, der ja in der Tat große geschichtliche Bezüge hat, ist nicht entsorgt worden, sondern hat eine würdige Zwischennutzung bei unserem Kulturdezernenten gefunden. Und ich habe gesagt, dass er in der nächsten Zeit einen Platz finden wird, an dem er auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Wichtig ist aber auch, dass mein Büro als zeitgemäßes Arbeitszimmer umgestaltet ist.

Redaktion: Schluss mit der Hinterzimmer-Politik, so lautet Medienberichten zufolge eines Ihrer Credos. Da fragen sich die Bürger natürlich: Wo ist dieses Hinterzimmer, wer trifft sich dort – und was wird dort gemauschelt?

Oberbürgermeister Mucke: Natürlich war das ein Sprachbild – aber da es mit mir ja keine Hinterzimmer-Politik geben wird, werden Sie solch einen Raum im Rathaus auch vergeblich suchen! Aber selbstverständlich gibt es immer wieder Anlässe, bei denen sich die beteiligten Gruppen – auch vertraulich – abstimmen müssen. Ich jedenfalls werde mit allen demokratischen Kräften im Rat regelmäßig Gespräche führen und sie offen und transparent informieren.

Redaktion: Apropos Credo, welche Rolle werden die Wuppertaler Kirchen während Ihrer Amtszeit spielen?

Oberbürgermeister Mucke: Die Kirchen sind natürlich ein ganz wichtiger und unverzichtbarer Partner, wenn es um die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft unserer Stadt geht. Denken Sie nur an Themen wie die Kinderbetreuung, die Unterstützung alter Menschen oder die Versorgung und Integration von Flüchtlingen und Migranten. Ohne das Engagement der Kirchen könnte die Stadt diese unverzichtbaren Arbeiten gar nicht leisten. Und die Kirchen sind auch immer Mahner, wenn es darum geht, auf Missstände hinzuweisen, für soziale Gerechtigkeit einzutreten und die Schwachen in unserer Gesellschaft zu schützen. Ich werde daher einen regelmäßigen Austausch mit den Kirchen führen. Im Übrigen ist mir ein Begriff wie Nächstenliebe – den ich direkt verbinde mit Solidarität – von hoher Bedeutung. Wir brauchen auch immer moralische und ethische Instanzen und dafür stehen auch die Kirchen.

Redaktion: Im Wahlkampf haben Sie die sogenannte Ochsentour absolviert, und dabei unzählige Gespräche mit Bürgern unserer Stadt geführt. Haben Sie heraushören können, welche Rolle die Kirche im Leben der Wuppertaler spielt?

Oberbürgermeister Mucke: Bei vielen spielt die Kirche eine große Rolle. Viele Wuppertaler sind fest in ihrer Gemeinde verbunden und gestalten diese aktiv mit; und damit auch ein guter Teil dessen, was im Stadtviertel, in der Nachbarschaft passiert. Vielen ist die Kirche eine geistige Heimat, so wie Wuppertal ihnen Heimatstadt ist. Wie aktiv und vital die Gemeinden sind, erleben wir gerade bei der wunderbaren Hilfsbereitschaft und großartigen Willkommenskultur, die Wuppertaler bei der Unterbringung der Flüchtlinge zeigen. Die Kirchengemeinden haben daran einen großen Anteil. Dafür allen Wuppertalern herzlichen Dank! Und die Kirchen erfüllen auch eine weitere wichtige Funktion: Sie sind eine moralische Instanz und leisten einen Beitrag dazu, dass wir uns unserer gesellschaftlichen Werte bewusst sind – Menschlichkeit, Nächstenliebe, Toleranz.

Redaktion: Sie haben sich im Wahlkampf Wuppertalern zugewandt, die sich in der Vergangenheit von der Kommunalpolitik vielleicht ein wenig vernachlässigt gefühlt haben; etwa der freien Kultur-Szene, den Gastronomen im Luisenviertel oder auch der aktiven Fanszene des WSV. Was nehmen Sie aus diesen Gesprächen mit, wie tickt der Wuppertaler?

Oberbürgermeister Mucke: Natürlich gibt es „den Wuppertaler“ oder „die Wuppertalerin“ nicht. Die Menschen sind so unterschiedlich und vielfältig, wie es die Stadt ist. Bei vielen dieser von Ihnen angesprochenen Gespräche nehme ich einen großen Willen wahr, diese Stadt, unsere Gesellschaft mitgestalten zu wollen – dies aber vielleicht auf anderen Wegen als bislang üblich. Wir müssen im Dialog miteinander bleiben oder in einen Dialog kommen und mutig Neues ausprobieren und Bewährtes fortsetzen. Dafür werde ich eintreten. Bei allen wichtigen Projekten und Beteiligungen werde ich die Wuppertalerinnen und Wuppertaler einbeziehen – denn ich möchte das ganze Potential an Ideen und Kreativität nutzen, um unsere Stadt zukunftsfähig weiter zu entwickeln.

Redaktion: Für das Luisenviertel haben Sie signalisiert, die IG Fahrradstadt und die Gastronomen dabei zu unterstützen, eine gute Parkplatz-Infrastruktur für die Rad fahrenden Gäste der Luisenstraße zu schaffen. Konnten Sie sich dieser Sache bereits annehmen?

Oberbürgermeister Mucke: Ja, klar. Wir haben im Verkehrsressort aktuell eine neue Beauftragte für den nicht-motorisierten Verkehr ernannt. Sie wird sich um die Luisenstraße ebenso kümmern wie um viele weitere Projekte, denn Wuppertal hat das Potential zu einer Fahrradstadt. Ich selbst treffe mich regelmäßig auch mit den IGs aus Elberfeld, um mit ihnen über Maßnahmen zur Attraktivierung der Innenstadt, und des Luisenviertels mit seinem besonderen Charme und Flair zu sprechen.

Redaktion: Stichwort: Döppersberg. Konnten Sie sich bereits einen Überblick über Zeitplan und Kosten machen. Kommt der Umbau Wuppertal teurer zu stehen als gedacht?

Oberbürgermeister Mucke: Bislang sagen mir alle Fachleute, dass wir voll im Zeit- und Kostenplan liegen. Es gibt aktuell keinerlei Anzeichen für negative Abweichungen. Im Übrigen haben wir ein strenges Controlling installiert. Monatlich wird ein Controlling-Bericht erstellt, der Angaben zum Fortschritt des Projektes und zu Zeit- und Kostenentwicklungen macht.

Redaktion: Weihnachten steht vor der Tür. Was ist Ihnen in der Adventszeit besonders wichtig?

Oberbürgermeister Mucke: Dass ich die viele Arbeit, die vor uns liegt, gut bewältige und trotzdem ausreichend Zeit finde, um zum Beispiel mit meinen drei Söhnen etwas zu unternehmen.

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