Ausgabe 14, April 2015

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Das bleibt erspart!
Informationsschreiben der Banken zur Abführung der Kirchensteuer verunsichert Sparer

Die Höhe der Kirchensteuer bemisst sich immer an der Höhe der Einkommensteuer. Gegenwärtig sind das neun Prozent der Einkommensteuer.

Text Eduard Urssu
Bild Christoph Schönbach

Seit dem 1. Januar 2015 führen Banken und Sparkassen für Kirchenmitglieder die Kirchensteuer auf steuerpflichtige Kapitalerträge automatisch an das Finanzamt ab. Der Vorteil ist, dass die Kirchensteuerpflicht der von den Banken erhaltenen Kapitaleinkünfte damit komplett abgegolten ist. Weitere Angaben in der Steuererklärung entfallen – vorausgesetzt die Sparer widersprechen diesem Service nicht.

Die von den Kreditinstituten verschickten Schreiben über den automatischen Einbehalt der Kirchensteuer haben viele ihrer Kunden irritiert. Finanzexpertin Alexandra Stadtmüller bestätigt aber, dass die Angaben in den Schreiben dem üblichen Duktus entsprechen und rechtlich, zumindest bei den vorliegenden Schriftstücken, nicht zu beanstanden sind. Allerdings, so die Wuppertaler Steuerberaterin, „kann das natürlich auch einfacher formuliert werden.“ So hat sich bei vielen Sparern der Gedanke aufgedrängt, dass die Kirche jetzt auch noch an ihr Erspartes will. Und das in einer Zeit, in der das Erzbistum Köln mit der Offenlegung seines Vermögens ohnehin für ungläubiges Staunen gesorgt hat. Vielen Kirchenmitgliedern war diese Kombination wohl zu viel, ein Anstieg der Kirchenaustritte war die Folge. Nimmt man die Anschreiben der Hausbanken allerdings genauer unter die Lupe, weicht die Aufregung schnell der Entspannung. „Was hier angekündigt wurde, ist letztlich eine gute Umsetzung eines bestehenden Gesetzes. Schließlich gilt die sogenannte Abgeltungssteuer bereits seit 2009“, sagt Alexandra Stadtmüller. So sollte die Kirchensteuer auf Kapitalerträge seitdem im Rahmen der Einkommenssteuer angegeben und festgesetzt werden. „Dieses ist aber nicht flächendeckend geschehen“, sagt Alexandra Stadtmüller, „so dass die Kirchen sich um die Einnahmen aus der Kirchensteuer ‚betrogen’ gefühlt haben. Die Gesetzesänderung zum 1. Januar 2015 war dann nur die logische Konsequenz.“ Seitdem sind die Institute verpflichtet, sich vor der Fälligkeit über die Pflicht zur Abführung von Kirchensteuer zu informieren. Das geschieht relativ einfach „über die 2008 eingeführte Steueridentifikationsnummer. Diese bleibt ein Leben lang bestehen“, sagt Alexandra Stadtmüller. Wer aber der automatischen Abrufung durch die Bank widersprochen hat, bekommt demnächst Post vom zuständigen Finanzamt. „Diejenigen, die jetzt Widerspruch eingelegt haben, werden automatisch an die Finanzbehörde gemeldet. Die wiederum müssen dann ihrerseits tätig werden und zur Abgabe einer Steuererklärung auffordern. Dieser Weg ist daher nicht unbedingt empfehlenswert“, sagt Alexandra Stadtmüller.

Alles graue Theorie oder böhmische Dörfer? Die Wuppertaler Finanzexpertin weiß aus ihrer neunjährigen Berufserfahrung beim Finanzamt und als Steuerberaterin, dass konkrete Beispiele oft mehr erklären als Gesetzestexte. Daher hier drei Beispiele:

Fall 1: Bei einem Alleinstehenden kommen Kapitalerträge von 1.000 Euro zusammen. Davon werden 25 Prozent Abgeltungssteuer einbehalten. Davon wiederum gehen 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag und 9 Prozent Kirchensteuer ab. Unterm Strich heißt das dann, dass 22,50 Euro Kirchensteuer auf die Kapitalerträge fällig werden, beziehungsweise automatisch an das Finanzamt abgeführt werden. Das wäre allerdings schon die „schlechteste“ Variante.

Fall 2: Wieder sammeln sich bei einem Alleinstehenden über das Jahr verteilt 1.000 Euro Kapitalerträge an. Dieses Mal ist der Bank aber ein Freistellungsauftrag in der vollen Höhe von 801 Euro erteilt worden. Folglich werden von den 1.000 Euro lediglich 199 Euro versteuert. Von den 49,75 Euro Abgeltungssteuer (25 Prozent) werden dann 4,47 Euro Kirchensteuer für das Jahr fällig. Umgerechnet auf den Monat sind das 37 Cent mehr.

Fall 3: Bei Ehepaaren ist die Rechnung kurz und einfach: Bei einem entsprechenden Freistellungsauftrag, theoretisch in Höhe von 1.602 Euro möglich, wird keine Abgeltungssteuer fällig. Folglich wird auch keine zusätzliche Kirchensteuer abgeführt.

Ersparnis?

Wer würde also, allein gemessen an der Kirchensteuer auf Kapitalerträge, mit einem Kirchenaustritt richtig Geld sparen? „Der ‚normale’ Sparer wie du und ich eher nicht“, sagt Alexandra Stadtmüller. Schließlich ist bereits die Kapitalertragssumme in den drei Fallbeispielen recht hoch gegriffen. „Bei einer derzeit durchschnittlichen Verzinsung von etwa 1 Prozent, muss ich für die 1.000 Euro Zinsen also schon 100.000 Euro auf der sprichwörtlich hohen Kante liegen haben“, rechnet die Steuerexpertin vor. Im Vergleich: Ein Kirchenaustritt in Nordrhein-Westfalen kostet derzeit 30 Euro. Auf der Basis der Kapitalertragsberechnung aus dem Fall 2, hat sich der Kirchenaustritt dann nach fast sechseinhalb Jahren amortisiert.

Kleinsparer unbehelligt?

Für Kleinsparer ändert sich mit der Gesetzesänderung also nicht viel. Problematisch kann es für Großsparer werden. Zumindest für diejenigen, die sich seit dem 1. Januar 2009 nicht richtig erklärt haben oder unvollständige Angaben zu Konfession oder Kirchenzugehörigkeit gemacht haben. Denn die Angabe der richtigen Daten liegt in der Verantwortung der Bürger. Genau diese Angaben werden derzeit vom Bundeszentralamt für Steuern überprüft, „die ersten Schreiben an die Sparer sind bereits rausgegangen“, sagt die Wuppertaler Steuerberaterin. Welche Folgen diese nachträgliche Prüfung der Finanzbehörden haben kann, das ist mit einem Besuch beim Steuerberater oft schnell geklärt.

Kleine Steuerkunde – Sechs Fragen, sechs Antworten

1) Was sind Kapitalerträge?
Kapitalerträge sind Zinseinnahmen aus Sparanlagen oder Rentenpapieren. Als Kapitalerträge bezeichnet man auch die Einnahmen in Form von Dividenden oder Veräußerungsgewinnen. Dividenden sind fakultative Auszahlungen von Aktiengesellschaften an ihre Aktionäre. Veräußerungsgewinne bezeichnen den Gewinn bei An- und Verkauf von Aktien.

2) Was ist die Kapitalertragssteuer?
Die auf Kapitalerträge entfallende Einkommensteuer wird direkt an der Quelle, zum Beispiel bei der Bank, mittels der sogenannten Kapitalertragsteuer eingefordert. Sie wird direkt an die Finanzbehörde überwiesen. Eine Besteuerung auf Kapitalerträge wird auch dann fällig, wenn diese aus Privatdarlehen stammen. Der Empfänger muss die Kapitalerträge in seiner Steuererklärung angeben.

3) Was ist die Quellensteuer?
Im Zuge der Kapitalertragssteuer wird oft von „der Besteuerung an der Quelle“ gesprochen. Dies ist nicht gleichzusetzen mit der Quellensteuer. Die Quellensteuer sichert zwischen den Staaten der Europäischen Union sowie verschiedenen anderen Staaten und Gebieten den gegenseitigen Steueranspruch.

4) Wie funktioniert die Abgeltungssteuer?
Auf alle Arten der Kapitalerträge (siehe Punkt 1) wird ein einheitlicher Steuersatz von 25 Prozent erhoben. Damit sind die Kapitaleinkünfte in der Regel nicht mehr Teil der Jahreseinkommensteuererklärung. Diese Steuer wird direkt von den Geldinstituten für jeden Kunden an das Finanzamt überwiesen.

5) Worauf wird Kirchensteuer erhoben?
Die Kirchensteuer wird die Lohnsteuer und Einkommensteuer, sowie auf Kapitalerträge (nicht auf das Kapital selbst) erhoben. Der Steuersatz beträgt in Bayern und Baden-Württemberg 8 Prozent, in allen übrigen Bundesländern 9 Prozent. Kirchensteuer darf jede Religionsgemeinschaft oder Weltanschauungsorganisation erheben, wenn sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ist. Die Anerkennung wird durch das jeweilige Bundesland überprüft und sichergestellt.

6) Lohnt sich eine Einkommensteuererklärung für jeden?
Ob sich eine Steuererklärung generell lohnt, kann nicht pauschal beantwortet werden. Aber Experten schätzen in jedem 3. Fall kann sich eine Erklärung bezahlt machen. Zum Beispiel in Punkto Anfahrtskosten zum Arbeitsplatz, die sogenannte Entfernungspauschale. Grundsätzlich können in der Steuererklärung dafür bis zu 4.500 Euro pro Kalenderjahr geltend gemacht werden. Die Pauschale von 30 Cent für jeden vollen Kilometer gilt dabei nicht nur für PKW. Auch wer den öffentlichen Personennahverkehr nutzt, mit der Taxe zur Arbeit fährt oder zu Fuß geht, darf die Kilometer in der Steuererklärung angeben.

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