Ausgabe 13, Dezember 2014

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Jugendarbeit auf Abwegen

Ein Kommentar von Dr. Werner Kleine

Die Jugend ist begehrt. Sie ist in aller Köpfe. Und steht im Mittelpunkt des Interesses. Sie ist die werberelevante Zielgruppe schlechthin. Unternehmen, Parteien, auch die Kirchen lassen es sich etwas kosten, die Jugend zu erreichen; denn die Jugend ist die Zukunft!

Wann die Jugend beginnt und wann sie aufhört, ist Gegenstand soziologischer und pädagogischer Studien. Als Kriterium wird nicht selten die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Elternhaus genannt. Und die kann in den Zeiten der Generation Praktikum andauern. Gerade im kirchlichen Bereich wundert es daher kaum, wenn die Protagonisten etwa des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) nicht selten kurz vor der Vollendung des 40. Lebensjahres stehen. An der Jugend festhalten wollend, halten sie einen Verband aufrecht, dem die eigentliche Zielgruppe zunehmend abhanden kommt. Denn die Kirche erreicht weite Teile der Jugend längst nicht mehr. Die Jugend ist hier nicht unbedingt ein Trendsetter; eher spiegelt sie wider, was sich schon seit mehreren Jahrzehnten abzeichnet: Das Volk kommt immer weniger zur Kirche und der Geist Gottes hat viel leeren Raum zum Wehen.

Die Apelle der Kirchenführer sind wohlfeil: Die Kirche muss eine Geh-hin-Kirche sein. Der Papst wünscht sich gar eine verbeulte Kirche. Und immer wieder wird ein Aufbruch beschworen, der dann doch nicht stattfindet – weil niemand losgeht.

In Konferenzen und sogenannten Steuerungsgruppen werden Zielvorgaben ebenso erarbeitet wie Konzepte, die bei näherem Hinsehen nur das leicht verändert fortschreiben, was schon Mitte der Siebzigerjahre als modern galt. Junggebliebene, aber tatsächlich Altgewordene, die sich in einem natürlichen biopsychischen Prozess von der Jugend entfernt haben, planen eine kirchliche Jugendarbeit, die sie selbst seinerzeit als ideal erlebt haben. Die Jugend aber geht ihre eigenen Wege, Wege, die die Kirche nicht mehr kreuzt, solange sie darauf wartet, dass die Jugend zu ihr kommt.

Die Jugend aber kommt in großen Teilen nicht mehr. Sie wird nicht selten abgefangen von denen, die an den Toren der Schulhöfe stehen, die vor den Eingängen der Diskotheken und Clubs warten, und die Treffpunkte kennen, wo sich die Zukunft der Gesellschaft die Zeit vertreibt. Dort nehmen sie Kontakt auf, in der Sprache der Jugend, der normalen Sprache, die die Erfüllung höchst irdischer Sehnsüchte nach Kraft, Macht und Anerkennung verheißt. Sie geben einfache Antworten auf komplexe Fragen. Die Rechten, die Salafisten, und all die anderen Verführer der überforderten jungen Köpfe, geben einfache Antworten auf komplexe Fragen, während in Kirchenkreisen Gespräche über einen Glauben geführt werden; Gespräche, die zur Farce geraten, weil sie oft die handfesten Antworten verweigern aus Angst, man würde die Freiheit der Entfaltung beschneiden.

Und so überlässt die Kirche die Orte und die Köpfe den Verführern der Jugend. Das Vertrauen in den Heiligen Rest ist das Opium derer, die sich für diese Arbeit zu schade sind. Eine ganze Generation könnte auf diese Weise verloren gehen an die Verwirrung der Verführer.

Die Kirche war immer widerständig. Sie ist nun angepasst an einen Geist der Jugend, den es nicht gibt. Doch die Jugend sucht. Sie sucht Antworten, die ihr jetzt die Falschen geben. Es wird Zeit für eine handfeste Jugendarbeit, die die Jugend im wahrsten Sinn des Wortes sucht. Es wird Zeit für eine Jugendarbeit, die den Namen „Arbeit“ verdient. Arbeit macht schmutzig. Aber der Schmutz der Straße und der Schulhöfe ist das Gold derer, denen die Jugend am Herzen liegt.

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