Ausgabe 11, März 2014
Der Journalist Øle Schmidt lebt in Mexiko und arbeitet in Lateinamerika. Nach dem Putsch war er zweimal auf Einladung der

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„Beenden Sie Ihr Schweigen und entschuldigen Sie sich, Kardinal Rodríguez – bitte!“
Die Weltkirche moralisch erneuern, ohne sich dem Terror in der Heimat zu widersetzen?

Ein Debattenbeitrag von Øle Schmidt

Es war der 13. März 2013, als den vielen Tausend der neue katholische Heilsbringer erschien. Er kam ohne Pomp und verzichtete auf die Insignien der Macht. Mit nur wenigen Worten berührte er seine „Brüder und Schwestern“, wie er die Menschen auf dem Petersplatz begrüßte.

Aus Kardinal Bergoglio war Papst Franziskus geworden. Papst Franziskus Superstar! Denn Freunde wie Feinde der katholischen Kirche spürten, dass dies ein anderer Papst war, einer mit ansteckender Demut.

Seitdem hat der gewitzte Franziskus mit Symbolpolitik und gekonnten Tabubrüchen weltweit gepunktet. Gelobt wurde er auch für die Ernennung eines Beraterstabs aus acht Kardinälen aus aller Welt, der eine Reform der Kurie auf den Weg bringen soll. Anführer der überfälligen Palastrevolution im Vatikan sind Sie geworden: Oscar Andrés Kardinal Rodríguez Maradiaga. Ausgerechnet einer aus dem bislang in Rom vergessenen Honduras. Eine weitere sympathische Entscheidung des Papstes. Oder?

Es war der 28. Juni 2009, der das Leben vieler in Honduras zum Alptraum machte. Präsident Zelaya wurde im Schlafanzug von Soldaten nach Costa Rica entführt. Die Putschisten aus Armee, Politik und Justiz rissen die Macht an sich und widerriefen die Sozialreformen Zelayas. Seitdem erschüttern Gewalt und hunderte politische Morde das kleine Land in Mittelamerika. UN, USA, EU und der Vatikan lehnten den Staatstreich in seltener Einmütigkeit ab – Sie verteidigten ihn, Kardinal Rodríguez. Wie die Putschisten sprachen Sie von „verfassungsmäßiger Nachfolge“ – und gaben dem blutigen Umsturz so Ihren Segen. Seitdem tragen Sie nicht nur in Lateinamerika den wenig schmeichelhaften Beinamen: Putsch-Kardinal.

Sie meinen, dieser Fauxpas sei längst verjährt, Kardinal Rodríguez?

Leider nein, denn noch immer zeigen Sie zwei weltliche Gesichter. Als Mann der Öffentlichkeit genießen Sie den Auftritt auf internationaler Bühne. Die Schirmherrschaft einer Kampagne für den Schuldenerlass von Entwicklungsländern brachte Ihnen weltweite Schlagzeilen. Beim G7-Gipfel in Köln überreichten Sie mit U2-Sänger Bono die Unterschriften von 17 Millionen Unterstützern. Als Dauergast bei Deutschen Katholikentagen warnten Sie vor einer Vergötterung des Marktes, und forderten die großen Konzerne auf, Produzenten in armen Ländern an ihren Gewinnen zu beteiligen. Und ganz nebenbei sind Sie wortgewandter Chef von Caritas Internationalis, dem Bund 165 nationaler Caritasverbände.

In Ihrer lateinamerikanischen Heimat jedoch zeigen Sie sich als Mann des Schweigens, Kardinal Rodríguez. Kein Wort zum Terror der Eliten und zum Ausschluss von Millionen von einem Leben in Würde.

Zweimal habe ich Honduras nach dem Putsch besucht. Wir haben dort um Oppositionelle getrauert, die von Soldaten ermordet wurden. Wir haben mit Homosexuellen gesprochen, die erst von Polizisten vergewaltigt, und dann von untätigen Richtern verhöhnt wurden. Wir haben verzweifelte Bauern und Fischer getroffen, deren Wälder und Flüsse an internationale Konzerne verpachtet wurden. Warum schweigen Sie zu all dem, Kardinal Rodríguez?

Warum ignorieren Sie die Berichte der UN über gravierende Menschenrechtsverletzungen; warum schweigen Sie selbst dann, wenn Katholiken Opfer des Staatsterrors sind? Und warum kritisieren Sie die Länder des Nordens auf internationalem Parkett, schweigen aber zur täglichen Ausbeutung von Honduras durch deren Konzerne?

Etwa weil Sie einverstanden sind? Weil Ihnen das Scheinwerferlicht fehlt? Oder weil Sie das Schicksal Óscar Romeros fürchten?

Der Erzbischof aus dem Nachbarland El Salvador hatte sich der dortigen Militärdiktatur widersetzt. In seinen Gottesdiensten las er die Namen von Ermordeten und ihren Mördern vor. Das bezahlte der Befreiungstheologe mit seinem Leben. Monsignore Romero wurde 1980 vor dem Altar erschossen.

Entschuldigen Sie sich, Kardinal Rodríguez! Für die Rechtfertigung des blutigen Putsches in Honduras. Und beenden Sie endlich Ihr Schweigen, bitte! Denn die Weltkirche moralisch zu erneuern, ohne gegen den Terror von Besitzenden und Regierenden in Ihrer eigenen Heimat aufzustehen – das geht nicht zusammen.

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